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Krankenkasse muss Badeprothese mit beweglichem Knöchelgelenk zahlen

Ein Bericht aus der Orthopädie-Technik Zeitschrift von März 2020
Verfasst von Jörg Hackstein

Reicht ein starrer Prothesenfuß als Badeprothese aus? Dieser Frage wurde am Landessozialgericht für das Saarland nachgegangen. Geklagt hatte eine Frau, die sich im Nassbereich mit ihrer bisherigen Versorgung nicht mehr ausreichend ausgestattet sah und wegen einer erhöhten Sturzgefahr auf eine Badeprothese mit beweglichem Knöchelgelenk bestand. Jörg Hackstein, Rechtsanwalt bei Hartmann Rechtsanwälte, Lünen, erläutert nachstehend das aktuelle Urteil des Gerichts, das der Klägerin Recht gab.

Das LSG Saarland hat mit rechtskräftigem Urteil vom 11. Dezember 2019 (L2 KR 31/18) den Anspruch einer Klägerin auf Versorgung mit einer Badeprothese mit beweglichem Knöchelgelenk stattgegeben, die in ihrer Funktion und Qualität vergleichbar mit ihrer Alltagsprothese ist. Bei der Versorgung mit Prothesen handelt es sich um eine Hilfsmittelversorgung zum sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) haben Versicherte der GKV einen Anspruch auf einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Standes des medizinischen und technischen Fortschritts, um möglichst mit den Fähigkeiten eines nicht eingeschränkten Menschen gleichzuziehen. (BSG Urteil vom 21.03.2013, B3 KR 3/12R).

In der Rechtsprechung war bislang schon anerkannt, dass beinamputierten Versicherten ein Anspruch auf Versorgung mit einer Badeprothese zusteht; bislang jedoch lediglich um sich zuhause in Bad und Dusche sowie im Nassbereich wie Schwimmbad, am Fluss oder See aufzuhalten, damit die Alltagsprothese in nasser Umgebung nicht zu Schaden kommt. Das hatte das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 25. Juni 2009 (Az. B 3 KR 2/08 R) entschieden, jedoch nicht die Frage, über welches Ausstattungslevel eine Badeprothese verfügen muss. Deshalb wurde bisher in der Regel von den Krankenkassen nur ein starrer Prothesenfuß bewilligt, welcher flüssige und sichere Bewegungsabläufe zum Beispiel in Schwimmbädern nicht ermöglicht. Als Begründung wurde vielfach argumentiert, dass eine einfache Ausstattung mit starrem Prothesenfuß zum Duschen und zur Fortbewegung im Nassbereich ausreichend sei. Ähnlich war es mit der Klägerin im Verfahren beim LSG Saarland. Ihre Krankenkasse hatte sie vor vielen Jahren mit einer Badeprothese mit starrem Gelenk versorgt. Damit konnte sie sich jedoch nicht sicher und eigenständig im Nassbereich bewegen. Das Gangbild war unsicher und die Klägerin dadurch sturzgefährdet. Besonders auffällig war der erhebliche Unterschied zwischen der vorhandenen Alltagsprothese, mit der die aktive Klägerin entsprechend dem Stand der Technik versorgt war, und der Badeprothese. Diese großen Unterschiede zwischen der von ihrer Krankenkasse bezahlten Badeprothese und ihrer Alltagsprothese verstärken dies zusätzlich. Nachdem bereits die 1. Instanz beim SG Saarland den Anspruch der Klägerin auf eine Badeprothese mit beweglichem Link bestätigt hatte, ging die beklagte Krankenkasse in die Berufung. Das LSG Saarland hat die Entscheidung der 1. Instanz, insbesondere nach Anhörung eines sachverständigen Orthopädietechnikers mit deutlichen Worten bestätigt. Anspruch auf den Stand der Technik im Sinne des Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines nicht eingeschränkten Menschen. So kann man im Ergebnis die Entscheidung des LSG Saarland kurz zusammenfassen. Mit dieser Begründung war der Klägerin die Badeprothese mit beweglichem Knöchelgelenk in 1. Instanz und in 2. Instanz zugesprochen. Das LSG hat festgestellt, dass eine einfache Ausstattung, mit einem „starren“ Fuß nicht ausreichend für eine Badeprothese der Klägerin ist. Diese Prothese mit beweglichem Fuß für den Nassbereich bietet nach den Feststellungen des Gerichts der Klägerin deutliche Gebrauchsvorteile und sie ist mit dieser in der Lage, ihr Gangbild einem gesunden Menschen weitgehend anzugleichen. Ein natürliches Abrollen ist nach den Feststellungen des Gerichts mit einem herkömmlichen Prothesenfuß ohne Gelenkshydraulik nicht möglich und würde zu einem unnatürlichen Laufverhalten und damit einhergehenden Gangunsicherheiten führen. Die Klägerin durfte daher nicht auf einen starren Prothesenfuß verwiesen werden.

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